Ähnlich wie bei der Minutenrepetition stellt die
Mechanik des Schleppzeiger-Chronographen eine besondere Herausforderung für die
Uhrenkonstrukteure dar. Schließlich gilt es, die Aufgabe zu meistern, zwei
Stoppmechanismen in einer Uhr unterzubringen und sie miteinander zu koppeln.
Heraus kommt ein Chronograph für Feinschmecker.
Im letzten Jahrhundert wurde der
Doppelzeiger-Mechanismus auch Nachspringende Sekunde genannt, noch ohne
Nullstellung und im Taschenuhr-Format. Heute kennen ihn die Uhrenliebhaber eher
unter dem Synonym Rattrapante. Ein Uhrwerk, bei dem die Nullstellung beider
Zeiger möglich war, schuf Adolphe Nicole. Das Wort hat seinen Ursprung in dem
französischen Verb rattraper, was soviel heißt wie wieder erhaschen,
einholen. Treffender lässt sich das System nicht übersetzen, erhascht doch
der Schleppzeiger, ein zweiter großer Stoppzeiger, nach dem Stoppen einer
Zwischenzeit den anderen Stoppzeiger nach dem erneuten Betätigen des Drückers.
Erst um 1880 entstand jene Form, bei der die
Doppelzeiger-Zange sichtbar über dem Werk lag. Trotzdem besaßen die ersten
angebotenen Schleppzeiger-Chronographen noch Werke in Taschenuhr-Größe. In
den 30er Jahren wurden die Chronowerke so weit verkleinert, dass sie auch in
Armbanduhr-Gehäuse hineinpassten. Zu diesem Zeitpunkt war der notwendige
Schleppzeiger-Drücker in die Aufzugs-Krone integriert.
1922 brachte Patek
Philippe eine Rattrapante-Armbanduhr auf den Markt. Die Uhr mit der Nr. 124824
und der Gehäuse-Nr. 235326 wurde am 14. Nov. 1999 bei Antiquorium unter Lot 448
für 1.918.387 US$ versteigert. Dies war zu diesem Zeitpunkt der höchste Preis,
der jemals für eine Armbanduhr in einer Auktion erzielt wurde.
Was macht ein Schleppzeiger-Chronograph?
Mit einem Schleppzeiger-Chronographen lassen sich zwei
Vorgänge mit gleicher Anfangszeit, jedoch unterschiedlicher Dauer stoppen, ohne
den normalen Stoppzeiger anzuhalten. Der Rattrapante-Mechanismus arbeitet
also unabhängig vom Nullstellen des Chrono-Zeigers durch einen Drücker in der
Krone oder einen dritten Drücker am Gehäuse, und kann somit beliebig oft
wiederholt werden.
Beschreibung:
Schleppzeiger-Chronographen oder Rattrapante kann man
grundsätzlich in zwei Gruppen unterteilen: Zum einen mit Kalibern aus
eigener Manufakturwerkstatt und zum anderen solche, die auf dem Valjoux /
ETA-Werk 7750 basieren.
Die Gruppe der Manufakturwerke muß unbedingt mit den
Venus Kalibern 179, 185, 189 und 190 beginnen. Sie werden bereits seit 1952
nicht mehr gebaut und offenbaren sich - selbstverständlich neben ihrer
handwerklichen Finesse - durch den Schleppzeigerdrücker durch die Krone. Paul
Picot hat das Kaliber 179 in der Atelier 310 mit einer Mondphase auf der 6 und
einem Jahreskalender bestückt, Franck Muller das 179 mit Mondphase auf der 3,
Ewigem Kalender und Tourbillon.
Nach 1968 wurde es ruhig um diese
Technik, vor allem wegen des hohen technischen Aufwandes und der damit
verbundenen, zusätzlich hohen Kosten. Anfang der 70er Jahre beherrschte außerdem
die Quarzuhr den Markt. Nachdem die komplizierte Technik jahrelang von ihrem
Startplatz verschwunden war, lancierte Blanpain 1989 in Basel erneut den
Rattrapante mit dem Handaufzug-Kaliber Piguet 1181 mit Doppelzangen-Mechanismus.
Kurze Zeit später gab es auch das Automatik-Kaliber Piguet 1186, es wird an
Blancpain, Breitling, Omega, Girard Perregaux, Audemars Piguet und Piaget
geliefert.
1992 sorgten Chronoswiss, Ulysse Nardin und IWC anläßlich
der Basler Uhrenmesse durch ihren Schleppzeiger-Mechanismus auf der Basis des
ETA-Valjoux 7750 für Furore.
Chronoswiss wartete mit einem patentierten, unter dem
Zifferblatt liegenden Mechanismus mit Schaltrad und Doppelzange auf. Kennzeichen
dieser Konstruktion ist die Anordnung des Schleppzeigerdrückers auf der
10. Gefertigt wird dieser Mechanismus von Alfred Rochat et Fils, für
Chronoswiss allerdings mit dezentraler Anordnung des Stunden- und Minutenzeigers
bei der 3.
Ulysse Nardin stützte sich auf einen, ebenfalls unter
dem Zifferblatt liegenden, Schaltrad-Mechanismus mit Einfachzange von Franck
Muller, Genf, gefertigt von Jaquet-Baume. Kennzeichen dieser Konstruktion ist
die Position des Schleppzeigerdrückers auf der 8.
IWC plazierte den eigenen Wippen-Mechanismus auf der Rückseite
unter dem Rotor und den Schleppzeigerdrücker auf der 10. Auf dem
Handaufzugs-Kaliber Valjoux 7760 basiert hingegen das Universal Geneve-Kaliber 88
Rattrapante mit 30-Minuten-Zähler bei der 3 und Gangreserveindikation.
In den folgenden Jahren kamen weitere Anbieter hinzu,
die die Konstruktionen von Chronoswiss und Franck Muller nutzen.
Das Patek Philippe Kaliber 27-70/150 auf der
Basis vom Lemania CH 27 erblickte zur Basler Messe 1995 das Licht der
Öffentlichkeit.
Zenith stellte 2004 das Rattrapante
Automatik-Kaliber El Primero 4026 mit 345 Werkteilen vor.
Dennoch hat sich seit den Roaring Twenties an der
komplizierten Technik des Einholzeigers nichts grundlegendes geändert. Mit dem
Rattrapantezeiger kann maximal eine Differenz von 60 Sekunden dargestellt
werden.
A. LANGE & SÖHNE bereitete diesem Zustand 2004 ein Ende.
Ihr "Double Split" besitzt gleich
zwei Einholzeiger. Einen Sekunden-Schleppzeiger aus der Mitte und einen weiteren
bei der "4" der max. 30 Minuten zählt.
1.) Der Mono-Rattrapante operiert nur mit einem
Stoppzeiger und zwei Chronographen-Drückern. Solange man den unteren Drücker
festhält, hält der Zeiger an der Zwischenzeit. Sobald man ihn los lässt, springt
er auf die Position, die er hätte, wenn er weitergelaufen wäre.
2.) Beim Doppelzeiger-Chronograph spielt sich die
Technik sichtbar auf dem Zifferblatt ab. Chronozeiger und Schleppzeiger sind über
eine feine Spirale mit der Zeigerachse verbunden.